Zauberformel: „Ich möchte alle Leistungen des SGB XI, die mir zustehen.“

So formlos und pauschal können Pflegebedürftige und Menschen ohne Pflegestufe, jedoch mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gemäß § 45a SGB XI, ihren Anspruch auf alle Leistungen sichern, die ihnen aus der sozialen Pflegeversicherung zustehen.

So sieht es zumindest das Bundesversicherungsamt in seiner am 18. Januar 2016 veröffentlichten Rechtsauffassung zum Anspruch auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI.

Carmen P. Baake fasst dieses Schreiben praxistauglich zusammen:

Pflegekassen müssen umfassend beraten

Das Bundesversicherungsamt betont in der genannten Rechtsauffassung, dass die Pflegekassen verpflichtet sind, ihre Versicherten umfassend über die im Einzelfall in Betracht kommenden Leistungen zu beraten. Diese Beratungspflicht umfasse auch zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI.

Die Zusendung von Broschüren, in denen die möglichen Leistungsansprüche beschrieben werden, erfüllen nach Überzeugung des Bundesversicherungsamtes diesen Anspruch nicht. Besonders zum Antragserfordernis sei unbedingt eine individuelle Beratung im Einzelfall erforderlich.

So könnten Missverständnisse der Versicherten hinsichtlich des Anspruchs auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI vermieden werden.

Versicherte müssen Leistungen beantragen

In § 45b Abs. 2 Satz 1 SGB XI ist explizit geregelt, dass Versicherte „… auf Antrag …“ Anspruch auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen und die Erstattung ihrer in diesem Zusammenhang nachgewiesenen Aufwendungen haben.

Dieser Antrag kann, ebenso wie der Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung nach § 33 Abs. 1 SGB XI, formlos gestellt werden.

Dafür genüge laut Bundesversicherungsamt bereits der folgende Satz:
„Ich möchte alle Leistungen nach dem SGB XI, die mir zustehen.“

In diesem Fall müsse allerdings von der Pflegekasse genau dokumentiert werden, dass sich dieser Antrag auch auf die zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI bezieht.

Zahlungsnachweise zum richtigen Zeitpunkt einreichen

Pflegekassen können für die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen nur die Leistungsansprüche nach § 45b SGB XI verwenden, die bis zu dem Zeitpunkt entstanden sind, an dem ihnen die Versicherten entsprechende Belege einreichen. So werden Überzahlungen ausgeschlossen, die eventuell dadurch entstehen, dass der Versicherte in der Zukunft liegende Leistungsansprüche einbüßt, weil er z. B. in ein Pflegeheim einzieht.

Reicht z. B. ein Versicherter am 15. April 2016 Zahlungsnachweise für die im 1. Quartal 2016 erbrachten zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 650 € ein, kann die Pflegekasse ihm maximal 416 € erstatten. Der Erstattungsbetrag resultiert aus den Leistungsansprüchen, die der Versicherte in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2016 hat. Das sind pro Monat jeweils 104 €.

Hätte der im Beispiel genannte Versicherte seine Zahlungsnachweise über 650 € später eingereicht, z. B. erst im Juli 2016, hätte seine Pflegekasse ihm den kompletten Betrag erstatten können, da er bis Juli 2016 für weitere 3 Monate Leistungsansprüche erworben hätte, insgesamt 312 € zusätzlich. Das natürlich nur, wenn er weiter zu Hause versorgt wird.

Carmen P. Baake ist Diplomökonomin und berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen zu betriebswirtschaftlichen und strategischen Themen. Zuvor war sie viele Jahre bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Dozentin und Fachautorin. Über den WALHALLA Fachverlag bietet sie derzeit Seminare zum Thema „Pflegestärkungsgesetz II“ und „Neues Begutachtungsassessment“ an.