Im sogenannten Omnibus-Verfahren hat der Bundestag in der Nacht vom 01. zum 02.06.2017 nach zweiter und dritter Beratung dem „Entwurf eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ in der vom Ausschuss für Gesundheit empfohlenen Fassung zugestimmt. Ob es an der frühen Morgenstunde lag – die „Beratung“ begann um 1:55 Uhr morgens -, dass der Bundestagspräsident den Tagesordnungspunkt mit den Worten einleitete: „Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden. – Offenkundig sind damit alle einverstanden.“ wissen wir nicht. Es wurde nicht beraten, sondern nur abgestimmt.
Das wurde beschlossen
- 115 SGB XI wird um die Absätze 3a und 3b wie folgt ergänzt:
„(3a) Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Absatz 3 Satz 1 wird unwiderlegbar vermutet
- bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder
- bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung.
Entsprechendes gilt bei Nichtbezahlung der nach § 84 Absatz 2 Satz 5 bzw. nach § 89 Absatz 1 Satz 4 zu Grunde gelegten Gehälter. Abweichend von Absatz 3 Satz 2 und 3 ist das Einvernehmen über den Kürzungsbetrag unverzüglich herbeizuführen, und die Schiedsstelle hat in der Regel binnen drei Monaten zu entscheiden. Bei Verstößen im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Absatz 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Absatz 2, kündigen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend.
(3b) Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren durch den Qualitätsausschuss gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach den Absätzen 3 und 3a. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und gelten vom ersten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Monats. Sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.“
Kürzungsgründe erweitert
Wie bereits berichtet, war die Neuformulierung des § 115 nicht unumstritten.
Nun das Ergebnis: Laut Beschluss des Bundestages können Vergütungskürzungen nun auch dann vorgenommen werden, wenn die Pflegeeinrichtung mit den Pflegekassen und Trägern der Sozialhilfe, die Zahlung von Gehältern bis zur tariflichen Höhe vereinbart hat, diese jedoch nicht zahlt.
Geändert wurde zudem die ursprünglich angedachte Vorgabe, dass eine Klage gegen eine von der Schiedsstelle entschiedenen Vergütungskürzung keine aufschiebende Wirkung hat. Diese findet sich im Beschlusstext nicht mehr.
Klargestellt wurde außerdem, dass die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung fristgerecht kündigen können, die planmäßig und zielgerichtet gegen die vereinbarte Personalausstattung verstößt.
Procedere soll bis 01.01.2018 auf dem Verhandlungsweg geklärt werden
Eine weitere Änderung beinhaltet der neue Absatz 3b. Angedacht war, dass der GKV-Spitzenverband in einer Richtlinie das verfahren zur Vergütungskürzung festlegt. Hier haben sich die kritischen Stimmen der Trägerverbände durchgesetzt. Beschlossen wurde nun, dass das Procedere bis zum 01.01.2018 von den in § 113 genannten Vertragsparteien durch den Qualitätsausschuss nach § 113b SGB XI zu vereinbaren ist. Die Vereinbarungen sollen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.
Diese Vertragsparteien sind
- der Spitzenverband Bund der Pflegekassen,
- die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe,
- die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene und
- die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene.
Gesetz muss Bundesrat noch durchlaufen
Der Bundesrat muss über das Gesetz noch abschließend beraten. Es ist davon auszugehen, dass dies in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, am 7. Juli 2017, passiert.
Die vorgenannten Regelungen treten dann am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Dieser Beitrag wurde zusammengestellt von Carmen P. Baake. Sie berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen zu betriebswirtschaftlichen und strategischen Themen. Zuvor war sie viele Jahre bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Dozentin und Fachautorin.