Der Streit aufgrund der schlechten Hilfsmittelversorgung gärt zwischen dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung Laumann und dem GKV-Spitzenverband schon länger (siehe unsere Berichte zu Inkontinzenmittel). Bundesgesundheitsminister Gröhe hatte zur Verbesserung der Situation bereits im Herbst 2016 eine Gesetzesinitiative angekündigt. Nun ist es soweit. In der heutigen Sitzung hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) zugestimmt, so dass das Gesetz unterschriftsreif ist und Ende März/Anfang April in Kraft treten kann.Folgende Verbesserungen sollen im Hilfsmittelbereich erreicht werden bzw. dazu werden die Krankenkassen verpflichtet:
- Der GKV-Spitzenverband wird dazu verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2017 eine Verfahrensordnung zu beschließen, mit der die Aktualität des Hilfsmittelverzeichnisses künftig gewährleistet wird.
- Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) wird verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 das Hilfsmittelverzeichnis grundlegend zu aktualisieren.
- Bei Ausschreibungen im Hilfsmittelbereich müssen die Krankenkassen künftig bei ihren Vergabeentscheidungen neben dem Preis auch qualitative Anforderungen an die Produkte und die mit ihnen verbundenen Dienstleistungen berücksichtigen, die über die Mindestanforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses hinausgehen.
- Die Krankenkassen werden verpflichtet, bei Hilfsmittelversorgungen, die im Wege der Ausschreibung zustande gekommen sind, ihren Versicherten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen aufzahlungsfreien Hilfsmitteln einzuräumen.
- Für Hilfsmittel mit hohem individuellen Anpassungsbedarf darf keine Ausschreibungen vorgenommen werden (dies war schon immer so, wird nun aber noch einmal explizit klargestellt).
- Die Kontrollpflichten werden strenger: Künftig müssen die Krankenkassen die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Leistungserbringer mit Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen kontrollieren. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Vertragskontrolle abzugeben.
- Leistungserbringer müssen Versicherte künftig beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen innerhalb des Sachleistungssystems für sie geeignet sind und somit von den Krankenkassen als Regelleistung bezahlt werden.
- Auch die Krankenkassen werden zu einer verbesserten Beratung der Versicherten über ihre Rechte bei der Hilfsmittelversorgung verpflichtet. Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln, für die zuvor eine Genehmigung einzuholen ist, müssen die Krankenkassen künftig über ihre Vertragspartner und die wesentlichen Inhalte der abgeschlossenen Verträge informieren.
- Zudem werden die Krankenkassen verpflichtet, über die von ihnen abgeschlossenen Verträge im Internet zu informieren, damit die Hilfsmittelangebote verschiedener Krankenkassen verglichen werden können.
- Um mehr Transparenz über die Verbreitung und Höhe von Aufzahlungen zu schaffen, werden die Leistungserbringer verpflichtet, im Rahmen der Abrechnung mit den Krankenkassen auch die Höhe der mit den Versicherten vereinbarten Mehrkosten anzugeben.
- Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, erstmals bis zum 30. Juni 2018 und danach jährlich einen nach Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses differenzierten Bericht über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Versorgungen mit Hilfsmittelleistungen zu veröffentlichen.