Die meisten Pflegebedürftigen werden in Deutschland von ihren Angehörigen zu Hause versorgt. Dies ist vom Gesetzgeber auch so gewollt, wie sich bereits aus § 3 Satz 1 SGB XI ergibt:
„Die Pflegeversicherung soll mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können.“
Deshalb ist es sachgerecht, dass der Gesetzgeber für Versicherungsansprüche gegen die Sozialversicherung sorgt. Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wird die soziale Absicherung die Arbeitslosenversicherung- und Rentenversicherung betreffend zum 01.01.2017 verbessert.
Ausgangsvorschrift ist § 44 SGB XI n. F.:
- Danach werden für Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 pflegen, Leistungen zur sozialen Sicherung erbracht.
- Bei Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 wird generell davon ausgegangen, dass der Pflegebedarf nur sehr gering sein wird. Daher sind deren Pflegepersonen nicht von § 44 SGB XI n. F. erfasst.
- Außerdem gelten die Regelungen zur sozialen Sicherung nicht für Pflegepersonen, die ihre Tätigkeit erwerbsmäßig ausüben.
Erhält der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 37 SGB XI, kann er diesen Betrag an die Pflegeperson weitergeben. Das Pflegegeld gilt dabei nicht als Arbeitsentgelt.
Aber: Zahlt der Pflegebedürftige jedoch mehr Geld an die Pflegeperson, liegt eine erwerbsmäßige Tätigkeit vor. Eine soziale Sicherung durch § 44 SGB XI n. F. scheidet dann aus.
Die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, Beiträge an die zuständigen Sozialversicherungsträger abzuführen, wenn die sonstigen Voraussetzungen, die im Folgenden dargestellt werden, vorliegen:
Verbesserungen bei der Rentenversicherung
Die Pflegekasse des Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 zahlt bei Vorliegen folgender Voraussetzungen Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung:
- Die Pflegetätigkeit bei den pflegerischen Maßnahmen in Form von Mobilitäts-, Selbstversorgungs- oder Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltführung beträgt mindestens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche.
- Die Pflege wird in der häuslichen Umgebung (z. B. eigene Wohnung oder Haushalt, in dem der Pflegebedürftige aufgenommen wurde) durchgeführt.
- Eine Erwerbstätigkeit der Pflegeperson übersteigt den Umfang von maximal 30 Stunden wöchentlich nicht.
Der von der Pflegekasse an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlende Versicherungsbeitrag berechnet sich aus der Höhe des für die Rentenversicherung geltenden Beitragssatzes von den beitragspflichtigen Einnahmen (sog. Beitragsbemessungsgrundlage).
Die beitragspflichtigen Einnahmen werden für Pflegepersonen nach § 166 Abs. 2 SGB VI n. F. berechnet. Entscheidend dabei ist der Pflegegrad des Pflegebedürftigen und, ob dieser Leistungen in Form von Pflegegeld nach § 37 SGB XI, Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI oder Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI erhält. Danach richtet sich, wie viel Prozent von der monatlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung als beitragspflichtige Einnahme der Pflegeperson gilt:
Pflegegrad | Pflegegeld | Kombinations- leistungen |
Pflegesach- leistungen |
---|---|---|---|
2 | 27,00 % | 22,95 % | 18,90 % |
3 | 43,00 % | 36,55 % | 30,10 % |
4 | 70,00 % | 59,50 % | 49,00 % |
5 | 100 % | 85,00 % | 70,00 % |
%-Angabe von der monatlichen Bezugsgröße bei Bezug einer der angegebenen Pflegeleistung
2017 beläuft sich die monatliche Bezugsgröße im Westen Deutschlands voraussichtlich auf 2.975 Euro und im Osten auf 2.660 Euro. Hieraus errechnen sich folgende Beitragsbemessungsgrundlagen für die einzelnen Pflegegrade und Leistungsarten:
Pflegegrad | Pflegeleistung | Westen | Osten |
---|---|---|---|
2 |
Pflegegeld
Kombinationsleistung Pflegesachleistung |
803,25 €
682,76 € 562,28 € |
718,20 €
610,47 € 502,74 € |
3 |
Pflegegeld
Kombinationsleistung Pflegesachleistung |
1.279,25 €
1.087,36 € 895,48 € |
1.143,80 €
972,23 € 800,66 € |
4 |
Pflegegeld
Kombinationsleistung Pflegesachleistung |
2.082,50 €
1.770,13 € 1.457,75 € |
1.862,00 €
1.582,70 € 1.303,40 € |
5 |
Pflegegeld
Kombinationsleistung Pflegesachleistung |
2.975,00 €
2.528,75 € 2.882,50 € |
2.660,00 €
2.261,00 € 2.862,00 € |
Recht auf Arbeitslosenversicherung
Bislang bestand nur Möglichkeit, dass Pflegepersonen auf Antrag in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Diese Möglichkeit gibt es künftig nicht mehr – und braucht es auch nicht mehr.
Denn ab 01.01.2017 besteht die Verpflichtung, Versicherungsbeiträge an Pflegepersonen abzuführen mit der Folge, dass Pflegepersonen vollumfassend in der Arbeitslosenversicherung versichert sind. Die Betroffenen haben damit für den Fall, dass im Anschluss an die Pflegetätigkeit eine nahtlose Eingliederung in eine Beschäftigung nicht gelingt, Anspruch auf Arbeitslosengeld I und Zugang zu allen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.
Folgende Voraussetzungen müssen dazu von der Pflegeperson erfüllt sein:
- Nach § 26 SGB III n. F. ist erforderlich, dass unmittelbar vor der Pflegetätigkeit eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bestanden hat oder eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III (z. B. Arbeitslosengeld I) bezogen wurde.
- Es darf nicht bereits eine anderweitige Absicherung in der Arbeitslosenversicherung bestehen (z.B. wegen einer Teilzeitbeschäftigung, wegen Erziehung eines Kindes unter drei Jahren).
- Der Pflegebedürftige muss mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft bzw. übergeleitet sein.
- Die Pflegeperson muss wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegen.
Ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung können diese Voraussetzungen auch durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger mit mindestens Pflegegrad 2 erfüllt werden.
Die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen entrichten bei Vorliegen dieser Voraussetzungen für die Pflegeperson Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit (BA). Ab 01.01.2017 sind dabei nach § 345 SGB III n. F. 50 Prozent der monatlichen Bezugsgröße maßgebend.
Überleitungsregelung: Für Personen, die bereits bis 31.12.2016 zur Pflege einer pflegebedürftigen Person eine Pflegezeit in Anspruch genommen haben sowie für Pflegepersonen, die wegen der Pflege eines Angehörigen eine Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag begründet haben, gilt folgende Übergangsvorschrift (§ 446 SGB III n. F.):
- Absatz 1 stellt sicher, dass Pflegepersonen, die wegen einer Pflegezeit am 31.12.2016 versicherungspflichtig sind, den Versicherungsschutz zur Arbeitsförderung am 01.01.2017 jedenfalls so lange nicht verlieren, wie die in Anspruch genommene Pflegezeit andauert.
- Absatz 2 überführt versicherungspflichtige Pflegepersonen zum Jahreswechsel 2016/2017 automatisch aus einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in die verpflichtende Arbeitslosenversicherung.