PSG II-Ergänzung: Bundestag entscheidet zur Überleitung der Pflegesätze in Kurzzeitpflegeeinrichtungen

Am 07.07.2016 hat der Bundestag in 2. und 3. Lesung das „Gesetz zur Errichtung eines Transplantationsregisters“ verabschiedet. Im sogenannten Omnibusverfahren hatte der Gesetzgeber diesem Gesetz mehrere Änderungen des SGB XI angehängt.

Dazu gehört auch die Ergänzung des erst mit dem PSG II verabschiedeten §§ 92c ff. SGB XI, welche das Verfahren für die Überleitung der Pflegesätze nach Pflegestufen in Pflegesätze nach Pflegegraden für vollstationäre und teilstationäre Pflegeeinrichtungen regeln. Unklar blieb in der derzeit vorliegenden PSG II-Fassung dieser Paragrafen, ob auch für Kurzzeitpflegeeinrichtung ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil zu ermitteln ist und wie die ggf. erforderliche alternative Überleitung der Pflegesätze bei diesen Einrichtungen durchzuführen ist. Wir berichteten.

Diese Fragen hat der Bundestag mit der Verabschiedung des „Gesetzes zur Errichtung eines Transplantationsregisters“ beantwortet. Carmen P. Baake fasst die Neuerungen zusammen; wir stellen hier eine Arbeitshilfe zur Umrechnung der Pflegesätze zur Verfügung.

Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil nur für vollstationäre Dauerpflege nach § 43 SGB XI

In § 92 c Satz 4 SGB XI wird klargestellt, dass einrichtungseinheitliche Eigenanteile nur in der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI zu ermitteln sind. Die neue Fassung dieses Satzes lautet wie folgt:

„Davon ausgehend sind bei vollstationärer Pflege nach § 43 für die Pflegegrade 2 bis 5 einrichtungseinheitliche Eigenanteile zu ermitteln.“

Formel zur Umrechnung der Pflegesätze in Kurzzeitpflegeeinrichtungen

Sofern sich die Vereinbarungspartner bis zum 30.09.2016 nicht auf eine für die Zeit ab dem 01.01.2017 geltende Pflegesatzvereinbarung verständigt haben, sieht § 92d SGB XI die alternative Überleitung der Pflegesätze nach einer im Gesetz verankerten Berechnungsformel vor. Wir berichteten. Das gilt auch für Kurzzeitpflegeeinrichtungen, für die der Bundestag nun das in § 92e SGB XI festgelegte Verfahren mit Absatz 3a um folgende Umrechnungsformel ergänzt hat:

„(3a) Für den Bereich der Kurzzeitpflege ergeben sich abweichend von Absatz 2 die übergeleiteten Pflegesätze wie folgt:

PSPG2 = Σ PS dividiert durch (PBPG2 + PBPG3 x 1,36 + PBPG4 x 1,74 + PBPG5 x 1,91).

Dabei ist PSPG2 der Pflegesatz in Pflegegrad 2. Es gilt:

  1. der Pflegesatz in Pflegegrad 3 entspricht dem 1,36-Fachen des Pflegesatzes in Pflegegrad 2,
  2. der Pflegesatz in Pflegegrad 4 entspricht dem 1,74-Fachen des Pflegesatzes in Pflegegrad 2,
  3. der Pflegesatz in Pflegegrad 5 entspricht dem 1,91-Fachen des Pflegesatzes in Pflegegrad 2.

Für Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit einem nicht nach Pflegestufen differenzierten Pflegesatz bleibt dieser unverändert.“

Die in der Formel verwendeten Abkürzungen sind wie folgt definiert:

Σ PS = Gesamtbetrag der Pflegesätze (PS), die der Kurzzeitpflegeeinrichtung am 30.09.2016 zustehen für Pflegebedürftige der Pflegestufen I bis III sowie Kurzzeitpflegegäste ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, hochgerechnet auf einen Kalendermonat. Der Kalendermonat wird mit 30,42 Tagen angesetzt (365 Kalendertage / 12 Monate).

PSPG2 = Pflegesatz für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 ab dem 01.01.2017

PBPG2 bis PBPG5 = Zahl der Pflegebedürftigen in den Pflegegraden 2 bis 5 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 SGB XI in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30.09.2016

Umrechnung der Pflegesätze in 5 Schritten

Die Umrechnungsformel liest sich komplizierter als die Umrechnung ist. Sofern für Ihre Kurzzeitpflegeeinrichtung bis zum 30.09.2016 keine Pflegesatzvereinbarung für die Zeit ab dem 01.01.2017 vorliegt, können Sie die Pflegesätze anhand der folgenden Schritte umrechnen:

Wichtig: Es werden nur die Pflegesätze umgerechnet, die für Leistungen der Pflegeversicherung gezahlt werden. Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten sowie ggf. Privatzahlerleistungen sind nicht Bestandteil der in §§ 92c SGB XI geregelten Überleitung.

Schritt 1: Zählen Sie die Pflegebedürftigen und Gäste ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die am 30.09.2016 in Ihrer Kurzzeitpflegeeinrichtung sind

Erfassen Sie dafür Kurzzeitpflegegäste jeweils getrennt nach

  • ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz.
  • Pflegestufen I bis III ohne erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz
  • Pflegestufen I bis III mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz
  • Härtefall
Wichtig: Halten sich am 30.09.2016 Patienten in Ihrer Kurzzeitpflegeeinrichtung auf, bei denen die Krankenkasse Leistungen nach § 39c SGB V übernimmt, bleiben diese Patienten unberücksichtigt.

 

Schritt 2: Berechnen Sie die Summe der Pflegesätze (Σ PS)

Multiplizieren Sie nun die Anzahl der zuvor erfassten Kurzzeitpflegegästen mit den für sie geltenden Pflegesätzen. Addieren Sie die Ergebnisse. So erhalten Sie die Summe der Pflegesätze, die Ihrer Einrichtung am 30.09.2016 zustehen.

Wichtig: Auf die in § 92e Abs. 1 vorgesehene Hochrechnung der Einnahmen, die der Kurzzeitpflegeeinrichtung am 30.09.2016 zustehen, auf den Kalendermonat wird verzichtet. Andernfalls ergeben sich aus der Umrechnung nach § 92e Abs. 3a SGB XI keine kalendertäglichen Pflegesätze je Pflegegrad.

 

Schritt 3: Ermitteln Sie die Anzahl der Kurzzeitpflegegäste nach „fiktiven“ Pflegegraden (PBPG 2 bis PBPG5)

Natürlich werden die Kurzzeitpflegegäste, die sich am 30.09.2016 in Ihrer Einrichtung befinden, am 01.01.2017 in einen Pflegegrade übergeleitet. Fiktiv sind die Pflegegrade im Rahmen dieser Umrechnung deshalb, weil diese Gäste sich am 01.01.2017 nicht mehr in Ihrer Kurzzeitpflegeeinrichtung befinden werden.

Ordnen Sie den in Schritt 1 gezählten Kurzzeitpflegegästen jeweils den Pflegegrad zu, in den sie nach § 140 SGB XI am 01.01.2017 übergeleitet werden. Die Überleitungstabelle finden Sie hier.


Schritt 4: Berechnen Sie den Pflegesatz für Bewohner mit Pflegegrad 2 (PSPG2)

Setzen Sie dazu die Ergebnisse aus den Schritten 2 und 3 wie folgt in die Formel ein:

PSPG2 = Σ PS (Ergebnis Schritt 2) / (PBPG2* + PBPG3* x 1,36 + PBPG4* x 1,74 + PBPG5* x 1,91)

*Ergebnis Schritt 3

Wichtig: Haben Sie mit den Pflegekassen eine prozentuale Erhöhung für das Jahr 2017 vereinbart, erhöhen Sie vorher die in Schritt 2 ermittelte Summe der Pflegesätze entsprechend.


Schritt 5: Berechnen Sie die Pflegesätze für Bewohner mit Pflegegrad 1, 3, 4 und 5 (PSPG1, PSPG3 bis 5)

Jetzt haben Sie es fast geschafft. Auf der Basis des in Schritt 4 berechneten Pflegesatzes für Bewohner mit Pflegegrad 2 werden nun die Pflegesätze für alle weiteren Bewohner mit Pflegegraden wie folgt berechnet:

PSPG1 = PSPG2 x 0,78

PSPG3= PSPG2 x 1,36

PSPG4= PSPG2 x 1,74

PSPG5= PSPG2 x 1,91

Arbeitshilfe: Wir haben für Sie eine Excel-Datei zur Umrechnung der Pflegesätze nach der in § 92e Abs. 3a SGB XI hinterlegten Formel zum Download bereitgestellt.

Änderungen treten mit Wirkung ab 07.07.2016 in Kraft

Das „Gesetz zur Errichtung eines Transplantationsregisters“ hat zwar abschließend die Beratungen im Bundestag durchlaufen, muss nun aber noch im Bundesrat behandelt werden. Dies hätte eigentlich in der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 08.07.2016 geschehen sollen. Da es aber nach wie vor Unstimmigkeiten wegen der umstrittenen Passage zu Medikamententest an Demenzkranken gibt (wir berichteten), wurde das Gesetz kurzfristig von der Tagesordnung genommen.

Das Gesetz soll nun in der ersten Bundesratssitzung nach der Sommerpause – am 23.09.2016 – verabschiedet werden; dann kann es auch offzielle im Bundesgesetzblatt verkündet und in Kraft gesetzt werden.

ABER: Laut dem am 07.07.2016 vom Bundestag verabschiedeten Gesetz, sollen die vorgenannten Änderungen mit Wirkung ab dem 07.07.2016 gelten. Mit diesem rückwirkenden Inkfrafttreten sollen Kurzzeitpflegeeinrichtungen „zeitnah“ eine Grundlage erhalten, auf der sie die ab dem 01.01.2017 geltenden Pflegesätze verhandeln bzw. nach dem 30.09.2016 alternativ überleiten können.

FAZIT: Obwohl das gesamte Gesetz noch nicht in Kraft ist, sind Sie gut beraten, die vorgenannten Änderungen bereits jetzt anzuwenden bzw. sich damit bereits jetzt zu beschäftigen.

Carmen P. Baake ist Diplomökonomin und berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen zu betriebswirtschaftlichen und strategischen Themen. Zuvor war sie viele Jahre bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Dozentin und Fachautorin. Über den WALHALLA Fachverlag bietet sie derzeit Seminare zum Thema „Pflegestärkungsgesetz II“ und „Neues Begutachtungsassessment“ an.