Am 23.9.2016 wird der Gesetzentwurf „Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz)“ in den Bundesrat eingebracht. Damit startet ein Gesetzgebungsverfahren, das durch Anwendung elektronischer Verfahren dem Bürokratieabbau dienen soll. Durch Ergänzung von § 105 SGB XI sind auch Erbringer pflegerischen Leistungen betroffen.
Wird diese Änderung so bestätigt wie derzeit geplant, müssen ambulante Pflegedienste ab dem 01.01.2018 ihre Leistungen nach § 36 SGB XI vollelektronisch abrechnen.
Carmen P. Baake erklärt, wie derzeit abgerechnet wird, wie die Neuerung aussieht und welche Auswirkungen diese hat.
So wird heute erfasst und abgerechnet
Pflegedienste können heute selbst entscheiden, ob sie Leistungen nach § 36 SGB XI (Pflegesachleistungen) in Papierform abrechnen oder per Datenträgeraustausch (DTA). Die Abrechnung per DTA ist allerdings nicht ganz papierlos. Zusätzlich müssen Versandprotokolle und rechnungsbegründende Unterlagen wie z. B. der vom Versicherten gegengezeichnete Leistungsnachweis in Papierform verschickt werden.
Erbringen Pflegedienste Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V, rechnen sie diese Leistungen in der Regel per DTA gegenüber der Krankenversicherung ab. Auch hier werden Versandprotokolle und rechnungsbegründende Unterlagen, wie der Leistungsnachweis, in Papierform verschickt. Pflegedienste, die diese Leistungen nicht per DTA sondern in Papierform abrechnen, müssen einen Abschlag in Höhe von 5 % des Rechnungsbetrages in Kauf nehmen.
So soll ab dem 01.01.2018 abgerechnet werden
Im Entwurf des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes ist folgende Ergänzung des § 105 Abs. 2 SGB XI geplant:
„Die Vertragsparteien nach Satz 1 legen bis zum 1. Januar 2018 die Einzelheiten für eine elektronische Datenübertragung aller für die Abrechnung pflegerischer Leistungen erforderlichen Angaben und Nachweise durch elektronische Dokumente fest. Hierfür ist neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch ein anderes sicheres Verfahren vorzusehen, das den Absender der Daten authentifiziert und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes gewährleistet. Zur Authentifizierung des Datenübermittlers kann auch der elektronische Identitätsnachweis des Personalausweises genutzt werden; die dazu erforderlichen Daten dürfen zusammen mit den übrigen übermittelten Daten gespeichert und verwendet werden.“
Anm. der Autorin: Vertragsparteien nach Satz 1 sind der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Verbände der Leistungserbringer
Damit sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Leistungen der Pflegeversicherung von ambulanten Pflegediensten komplett papierlos abgerechnet werden. Der heute zusätzlich Versand von Protokollen und Leistungsnachweisen in Papierform entfällt komplett.
Für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V ist bislang keine entsprechende Regelung vorgesehen.
Erwartete Auswirkungen auf die Erfassung
erbrachter Pflegeleistungen
Dass mit der vollelektronischen Abrechnung auch die elektronische Erfassung der erbrachten Leistungen sowie die Bestätigung der so erfassten Leistungen durch den Versicherten per Signatur z. B. auf einem Tablet notwendig werden kann, steht nicht ausdrücklich im geplanten oben dargestellten neuen Passage von § 105 SGB XI .
In der Gesetzesbegründung heißt es dazu:
„Die Regelung verpflichtet die Vertragsparteien nach § 105 Absatz 2 SGB XI zur Vereinbarung eines Verfahrens für eine sichere, beleglose Übermittlung aller erforderlichen Abrechnungsunterlagen und aller sonstigen erforderlichen Nachweise in der Form elektronischer Dokumente. Belege in Papierform sind hierdurch vollständig abzulösen. Ein Medienbruch bei der Abrechnung wird vermieden. Dies gilt auch für vertraglich vereinbarte Nachweise über die erbrachten Leistungen einschließlich der hierfür vorgesehenen Unterschrift von Versicherten und Erbringern der Leistungen. Hierfür können neben einer qualifizierten elektronischen Signatur auch anderer Verfahren zugelassen. Die Sicherheit des Nachweises von Unterschriften als Bestätigung für erbrachte Leistungen kann auch auf andere Weise hergestellt werden, zum Beispiel durch einfache elektronische Signatur. Diese kann insbesondere auch auf handelsüblichen Tablet-PCs oder Mobiltelefonen vorgesehen werden. Entscheidend für die Abrechnungssicherheit ist die Vorgabe eines Verfahrens, das den Absender der Daten authentifiziert und die Integrität des elektronisch übermittelten Datensatzes gewährleistet.“
Abrechnungsprüfung soll einfacher werden
Neben der Entlastung ambulanter Pflegedienste von bürokratischen Vorgaben des zusätzlich Versandes von Unterlagen in Papierform verfolgt der Gesetzgeber ein weiteres Ziel. In der Begründung heißt es dazu:
„Leistungsnachweise in elektronischer Form können von den Pflegekassen zudem auch für Zwecke der Abrechnungsprüfung genutzt werden.“
Bereits im geplanten Dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) sind mehrere Regelungen zur Bekämpfung von Abrechnungsbetrug geplant. Wir berichteten. Dazu gehört auch, dass künftig auch die Zeit des Einsatzes auf dem Leistungsnachweis erfasst werden soll. Ein elektronisch geführter und an die Pflegekassen übermittelter Leistungsnachweis würde diesen die Plausibilitätsprüfung der von einem Pflegedienst zugesandten Leistungsnachweise sozusagen per Knopfdruck ermöglichen und damit das Aufdecken von Abrechnungsmanipulationen erheblich erleichtern.
Carmen P. Baake ist Diplomökonomin und berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen zu betriebswirtschaftlichen und strategischen Themen. Zuvor war sie viele Jahre bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Dozentin und Fachautorin. Über den WALHALLA Fachverlag bietet sie derzeit Seminare zum Thema „Pflegestärkungsgesetz II“ und „Neues Begutachtungsassessment“ an.