Von Januar bis Mai 2017 begutachtete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) 349.337 Erstantragsteller. Bei 279.231 Erstantragstellern wurde ein Pflegegrad festgestellt.
Sind das mehr neue Leistungsempfänger als in den Vorjahren?
Der Vergleich ist schwierig. Die vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände (MDS) für die Vorjahre veröffentlichten Zahlen beziehen sich auf ganze Jahre. Danach erhielten z. B. im Jahr 2015 617.337 Erstantragsteller Leistungen der Pflegeversicherung. (Eine Zahl für das Jahr 2016 ist auf den Internetseiten des MDS noch nicht verfügbar.) Um diese Zahl mit der Anzahl der Erstantragsteller vergleichen zu können, die von Januar bis Mai 2017 Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung erhielten, habe ich die im Jahr 2015 erreichte Anzahl durch 12 Monate geteilt und das Ergebnis mit 5 Monaten multipliziert. Danach hätten im Jahr 2015 für einen vergleichbaren Zeitraum 257.224 Erstantragsteller Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. In der Zeit von Januar bis Mai 2017 waren es 279.231 Erstantragsteller. Das sind 22.007 neue Leistungsempfänger mehr als im Jahr 2015.
Hat das neue Begutachtungsverfahren dafür gesorgt, dass mehr neue Leistungsempfänger zu verzeichnen sind?
Darauf gibt es keine seriöse Antwort. Das liegt zum einen daran, dass seit Januar 2017 mehr Menschen zum ersten Mal Leistungen der Pflegeversicherung beantragt haben als in vergleichbaren Zeiträumen der Vorjahre. Mehr Antragsteller können (unabhängig vom angewandten Begutachtungsverfahren) zu einer höheren Anzahl neuer Leistungsempfänger führen. Zum anderen fehlt der Vergleich wie Erstantragsteller, die nach dem neuen Begutachtungsverfahren in Pflegegrade eingestuft wurden, bei einer Begutachtung nach dem alten Begutachtungsverfahren abgeschnitten hätten.
Ist das neue Begutachtungsverfahren für Erstantragsteller besser als das bisherige?
Auch diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Fakt ist aber, dass in einem vergleichbaren Zeitraum im Jahr 2015 257.224 Erstantragsteller Zugang zur kompletten Leistungspalette der Pflegeversicherung erhalten haben, inklusive Pflegegeld. Im Jahr 2017 war das nur bei den 190.148 Erstantragstellern der Fall, die mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft wurden.
Geht es um den Zugang zur kompletten Leistungspalette der Pflegeversicherung, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass das neue Begutachtungsverfahren für Erstantragsteller schlechter ist, als das alte Begutachtungsverfahren.
Allerdings hat das Begutachtungsverfahren an sich nichts damit zu tun, wie der Gesetzgeber die Leistungen für jeden Pflegegrad definiert hat. Der Unmut z. B. mit den geringen Leistungen im Pflegegrad 1 wird jedoch auf das neue Begutachtungsverfahren zurück fallen und nicht auf den Gesetzgeber, der tatsächlich für den Leistungszuschnitt verantwortlich ist.
Carmen P. Baake ist Diplomökonomin und berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen. Zuvor war sie viele Jahre als Sozialversicherungsangestellte und Volkswirtin bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Sie führt bis Ende Juni 2017 eine statistische Auswertung zum einrichtungseinheitlichen Eigentanteil durch.