Mehr Klarheit bei der Verordnung von Heilmitteln

Mit der Änderung des § 32 Abs. 1a SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, bis zum 30. Juni 2016 in einer Richtlinie die Bedingungen zur Heilmittelversorgung von Versicherten mit langfristigem Behandlungsbedarf neu zu regeln.

Der G-BA hat nun eine Änderung der Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) beschlossen und dem Bundesgesundheitsministerium zur Genehmigung vorgelegt. Sie soll dann am 1. Januar 2017 zusammen mit den Änderungen im SGB V zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Verordnungen in Kraft treten. Die neuen Vorgaben gelten dann für alle gesetzlichen Krankenkassen.

In der Heilmittel-Richtlinie werden dann diejenigen Diagnosen gelistet sein, bei denen aufgrund einer schweren Behinderung und/oder einer schweren chronischen Erkrankung von einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen und somit auf ein Antrags- und Genehmigungsverfahren generell zu verzichten ist.Die neuen Regelungen zur langfristigen Verordnungsmöglichkeit von Heilmitteln schaffen endlich Klarheit für Versicherte, für Heilmittelerbringer, für verordnende Ärzte und nicht zuletzt für Mitarbeiter in den Krankenkassen selbst.

Die derzeitige Regelung

Bereits in der derzeit gültigen Heilmittel-Richtlinie ist in § 8 Abs. 5 die Möglichkeit geregelt, dass gesetzlich Krankenversicherte mit schweren, dauerhaften funktionellen und strukturellen Schädigungen – also mit dauerhaften schweren Behinderungen und/oder schweren chronischen Erkrankungen – von ihrer Kasse die langfristige Genehmigung (mindestens 12 Monate) einer Heilmittelbehandlung erhalten können, ohne dass dafür eine erneute Überprüfung des Behandlungsbedarfs erforderlich ist.

Allerdings entstanden aus dieser Regelung in der Praxis häufig Umsetzungsprobleme. Insbesondere bei den Genehmigungsvoraussetzungen gab es immer wieder Unklarheiten und Konflikte zwischen Leistungserbringern und den Kssen, etwa bei der Indikationsstellung oder bei der Bestimmung der Patientengruppe, die von der Regelung profitieren soll.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte aus diesen Gründen Ende 2012 ein Merkblatt entwickelt, das  ein einheitliches Verfahren sicherstellen sollte. Anlage des Merkblatts ist eine zwischen GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung vereinbarte Indikationsliste zum langfristigen Heilmittelbedarf. Zudem gab es in weiteren Stellen Ausführungen und Vorgaben zu diesem Thema (Einzelschreiben des G-BA, bilaterale Vereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband usw.).

Damit diese Vorgaben und Vereinbarungen eine ausdrücklich gesetzliche Grundlagen erhalten und um endlich für alle Beteiligten „Normenklarheit“ herzustellen, hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 1a SGB V dem Bundesausschuss beauftragt, das Nähere „offiziell“ zu regeln, insbesondere die Konkretisierung des begünstigten Personenkreises, die Anforderungen an die ärztliche Begründung des Antrages sowie die zeitliche Befristung der Genehmigung. Dafür wurde eine Frist bis 30. Juni 2016 gesetzt, die mit Vorliegen des aktuellen Beschlusses durch den G-BA eingehalten wurde.

Die ab 01.01.2017 geltenden Regelungen

Die Überführung dieser Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf ist nun in einen neuen § 8a der Heilmittel-Richtlinie geflossen, der künftig zentrale Rechtsgrundlage zum Themenbereich „langfristige Heimittelbedarf“ ist.

Ein langfristiger Heilmittelbedarf ergibt sich nach dieser neuen Norm auch weiterhin aus

  • der sich aus der ärztlichen Begründung ergebenden Schwere und Langfristigkeit der funktionellen/strukturellen Schädigungen,
  • der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und
  • dem sich daraus nachvollziehbar ergebenden Therapiebedarf der oder des Versicherten mit Heilmitteln.

Zudem gibt es nun eine „offizielle“ Diagnoseliste als Anlage 2 in der Heilmittel-Richtlinie; damit wird die bisherige Liste aus dem Merkblatt in die Richtlinie integriert. Bei den dort aufgeführten Diagnosen findet künftig kein individuelles Antrags- und Genehmigungsverfahren mehr statt, da aufgrund der Schwere der Erkrankung von einem Therapiebedarf von mindestens einem Jahr ausgegangen werden kann.

Versicherte mit einer schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigung, die nicht in der  neuen Anlage 2 gelistet ist, können auch weiterhin gegenüber der Krankenkasse eine Feststellung beantragen, ob im Einzelfall ein langfristiger Heilmittelbedarf besteht und die medizinisch notwendigen Heilmittel langfristig genehmigt werden können.

Der Beschlusstext mit den beschlossenen Änderungen der Heilmittel-Richtlinie sowie eine Beschreibung der Änderungen in den „Tragenden Gründen“ kann auf den Seiten des Gemeinsamen Bundesausschusses abgerufen werden.