Leistungen sind durch dreiwöchiges Schweigen der Krankenkasse genehmigt

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit seinem aktuellen Urteil vom 8. März 2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) klargestellt, dass Krankenkassen zeitnah über Leistungsanträge entscheiden müssen. Binnen drei Wochen müssen sie zumindest eine Zwischenantwort geben. Tun sie dies nicht, gilt der Leistungsantrag als bewilligt. Dies gilt auch, wenn die Kasse ein Gutachten einholt, von denen der Patient nichts weiß.

Der zu entscheidende Fall:

Der Kläger hatte eine von der Krankenkasse bewilligte Kurzzeittherapie gemacht. Seine Therapeutin riet ihm nach Abschluss zu 25 weiteren Sitzungen psychotherapeutische Leistungen als Langzeittherapie. Diesen Antrag ließ die Krankenkasse durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bewerten. Der Versicherte wurde hierüber allerdings nicht informiert. Erst knapp sechs Wochen nach Antragstellung lehnte die Krankenkasse den Antrag ab. Zwischenzeitlich hatte sich der Kläger allerdings bereits entschieden, die Therapie auf eigene Rechnung zu beginnen. Von seiner Krankenkasse verlangte er nun Kostenerstattung in Höhe von 2200 Euro.

Die Entscheidung des BSG:

Wie bereits die Vorinstanzen, so gab auch das BSG dem Kläger recht: die Krankenkasse muss zahlen, weil sie sich zu lange Zeit gelassen hat. Der Kläger durfte die begehrte Therapie, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt, aufgrund der Einschätzung seiner Therapeutin für erforderlich halten und sich von daher selbst beschaffen. Dies entspreche dem klaren Wortlaut von § 13 Abs. 3a SGB V.

Der Hintergrund:

Seit Ende 2013 ist in § 13 Abs. 3a SGB V geregelt, dass Anträge an Krankenkassen als genehmigt gelten, wenn über diese nicht rechtzeitig entschieden wurde. Seitdem gibt es immer wieder Streit zwischen den Kassen und den Versicherten, zwischenzeitlich sind zu dieser Frage eine Vielzahl erstinstanzlicher Urteile ergangen. Die Kassen argumentierten immer wieder, dass nur dann eine Kostenerstattung zu erfolgen habe, wenn die Leistung wirklich „erforderlich“ war. Die meisten Sozialgerichte lehnten diese Ansicht der Kassen ab: Bei einer Fristüberschreitung stehe dem Versicherten ein Anspruch auf die beantragte Leistung zu, und zwar ohne weitere Prüfung der Erforderlichkeit und auch unabhängig davon, ob es sich hierbei um einen Anspruch auf Sachleistung oder um Kostenerstattung handelt. Dies ergebe sich aus dem klaren Wortlaut der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V nachdem die Rechtsfolge einer Fristüberschreitung die Genehmigung der beantragten Leistung ist – ohne dass der Gesetzgeber weitere Einschränkungen machen würde.

Der Wortlaut von § 13 Abs. 3a SGB V lautet:

„(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 des Neunten Buches zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen.“

Eine andere Auslegung sei auch aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht möglich, sie würde auch dem Schutz der Patientenrechte zuwiderlaufen – so die Ansicht der Sozialgerichte und nun auch des Bundesozialgerichts.