Gründe für Unterschiede beim EEE in den Bundesländern

Zwischenzeitlich sind wir mit der Auswertung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils (EEE) in den einzelnen Bundesländern schon sehr weit. Mehr als einem Viertel der vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind erfasst.

Die Unterschiede sind zum Teil gravierend. So beträgt der im Saarland zu zahlende EEE im Durchschnitt mit 879,05 € ca. das 4-fache des in Thüringen zu zahlenden durchschnittlichen EEE mit 218,16 €.

Carmen P. Baake führt in diesem Beitrag drei möglich Gründe für diese Unterschiede in den Bundesländern an:

  • Grund 1: Pflegegradmix
  • Grund 2: Personalbemessung
  • Grund 3: Kosten je Mitarbeiter

EEE je Bundesland im Durchschnitt

Hier zunächst die Übersicht mit den durchschnittlichen EEE je Bundesland auf Basis der bislang erfassten EEE – sortiert nach der Höhe des EEE (Stand: 06.06.2017):

Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil in den Bundesländern im Durchschnitt, Stand: 06.06.2017
Carmen P. Baake

  • Saarland (SL): 879,05 €
  • Berlin (BE): 863,28 €
  • Bayern (BW): 859,34 €
  • Nordrhein-Westfalen (NW): 823,53 €
  • Baden-Württemberg (BY): 796,91 €
  • Hessen (HE): 708,54 €
  • Rheinland-Pfalz (RP): 687,86 €
  • Hamburg (HH): 611,97 €
  • Brandenburg (BB): 530,19 €
  • Niedersachsen (NI): 488,89 €
  • Bremen (HB): 450,36 €
  • Sachsen-Anhalt (ST): 339,73 €
  • Sachsen (SN): 318,01 €
  • Mecklenburg-Vorpommern (MV): 303,19 €
  • Schleswig-Holstein (SH): 293,96 €
  • Thüringen (TH): 218,16 €

Drei mögliche Gründe für die Unterschiede

Die Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen werden durch die Leistungsbeträge der Pflegekasse je Pflegegrad (§ 43 SGB XI) und den EEE refinanziert.

Dabei resultieren ca. 80 % der pflegebedingten Aufwendungen aus Personalkosten.

Wie hoch der EEE je Einrichtung ausfällt, hängt also im überwiegend davon ab

  • wie hoch die Einnahmen aus den von der Pflegekasse gezahlten Leistungsbeträgen sind und
  • wie hoch die Personalkosten sind, die im Zusammenhang mit der Pflege entstehen.

Daraus können drei mögliche Gründe für die unterschiedlichen EEE der Bundesländer abgeleitet werden.

Grund 1: Pflegegradmix

Je höher der Pflegegrad des Heimbewohners, desto höher ist der Leistungsbetrag, den die Pflegekasse an das Pflegeheim zahlt. Im Pflegegrad 2 sind es z. B. 770 € pro Monat. Im Pflegegrad 5 hingegen 2.005 € pro Monat. Die Leistungsbeträge der Pflegekasse sind gesetzlich in § 43 SGB XI geregelt und bundesweit für jeden Pflegegrad einheitlich.

Welche Einnahmen das Pflegeheim insgesamt aus den Leistungsbeträgen der Pflegekasse erzielt, hängt davon ab, welche Pflegegrade die Heimbewohner haben. Pflegeheime, die überwiegend Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 4 und 5 versorgen, haben hier höhere Einnahmen als Pflegeheime, die überwiegend Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 und 3 versorgen.

Natürlich entstehen für die pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen mit höheren Pflegegraden auch höhere Kosten.

Doch kostet die pflegerische Versorgung z. B. eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 das 2,1-fache der Versorgung eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2, nur weil die Pflegekasse für Pflegegrad 4 ungefähr das 2,1-fache des Leistungsbetrages für Pflegegrad 2 zahlt?

Grund 2: Personalbemessung

Wie zuvor beschrieben, resultieren ca. 80 % der Kosten für die pflegerische Versorgung aus den Personalkosten. Die Personalkosten des einzelnen Pflegeheimes hängen einerseits davon ab, wie viele Personalstellen für die pflegerische Versorgung mit den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern vereinbart wurden. Bis auf wenige Bundesländer ist die Zahl der Personalstellen jedoch nicht frei verhandelbar. In der Regel orientiert sie sich an den in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI für die vollstationäre Pflege je Bundesland vereinbarten Personalschlüsseln.

Der Blick in die Rahmenverträge zeigt große Unterschiede. So kommen auf eine pflegerische Vollkraft z. B.

  • in Berlin bis zu 3,9 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2
  • in Schleswig-Holstein bis zu 5,4 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2
  • in Nordrhein-Westfalen bis zu 4,66 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2

Zum Vergleich und als Antwort auf die Frage, ob die pflegerische Versorgung eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 das 2,1-fache der pflegerische Versorgung eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 kostet, hier die entsprechenden Personalschlüssel für Pflegegrad 4: In den genannten Bundesländern kommen hier auf eine pflegerische Vollkraft

  • in Berlin bis zu 2,2 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4
  • in Schleswig-Holstein bis zu 3,1 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4
  • in Nordrhein-Westfalen bis zu 2,24 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4

Der Vergleich der für Pflegegrad 2 und Pflegegrad 4 vereinbarten Personalschlüssel zeigt für die beispielhaft ausgewählten Bundesländer: Das für die pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 erforderliche Personal ist weniger als das 2,1-fache des für die Versorgung von Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 erforderlichen Personals.

Dementsprechend kostet wahrscheinlich auch die pflegerische Versorgung eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 nicht das 2,1-fache der pflegerischen Versorgung eines Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2. Doch das nur als Antwort auf die zu Grund 1 gestellte Frage.

In Bezug auf die EEE je Bundesland könnte aus den für die genannten Bundesländer vereinbarten Personalschlüsseln abgeleitet werden, dass der EEE in Berlin höher sein muss, als der EEE in Nordrhein-Westfalen und dieser muss wiederum höher sein, als der EEE in Schleswig-Holstein. Der Blick in die Grafik mit den EEE zeigt, dass das stimmt. Der Grund dafür ist ganz einfach. In Berlin müssen für die pflegerische Versorgung mehr Pflegekräfte (gemessen in Vollzeitkräften) eingesetzt werden als in den anderen beiden Bundesländern. Das verursacht natürlich höhere Personalkosten.

Grund 3: Kosten je Mitarbeiter

Neben der Anzahl der für die pflegerische Versorgung vereinbarten Personalstellen wird die Höhe der Personalkosten auch von der Höhe des Verdienstes der in der Pflege eingesetzten Mitarbeiter beeinflusst. Die Einkommen der in der vollstationären Pflege tätigen Mitarbeiter sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Das belegt eine Studie aus dem Jahr 2015, die vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege in Auftrag gegeben wurde. Anhand der in dieser Studie veröffentlichten Daten ergeben sich die in der Grafik dargestellten durchschnittlichen Einkommen je Pflegekraft (gemessen in Vollzeitkräften).

Durchschnittsverdienst Beschäftigter in der vollstationären Pflege

In die je Bundesland ausgewiesenen Durchschnittswerte sind die Einkommen von

  • Fachkräften in der Krankenpflege und Altenpflege sowie
  • Helfern in der Krankenpflege und Altenpflege

mit den Anteilen berücksichtigt, wie Mitarbeiter mit diesen Qualifikation laut der Studie in vollstationären Pflegeeinrichtungen beschäftigt werden.

Wie Sie sehen, befinden sich die 3 Bundesländer, in denen Beschäftigte am meisten verdienen unter den 5 Bundesländern mit dem höchsten durchschnittlichen EEE. Die 3 Bundesländer, in denen Mitarbeiter am wenigsten verdienen, befinden sich wiederum unter den 5 Bundesländern mit dem niedrigsten durchschnittlichen EEE.

Wichtig: Gründe immer in Kombination betrachten

Jeder der genannten drei Gründe beeinflusst für sich betrachtet den durchschnittlichen EEE je Bundesland.

Um die Unterschiede zwischen den Bundesländern zu erklären ist es jedoch wichtig, diese Gründe immer in Kombination zu betrachten. So begründet z. B. das in Berlin gezahlte Einkommen der Pflegekräfte für sich betrachtet nicht, dass Berlin mit einem durchschnittlichen EEE von 863,28 € den zweithöchsten Wert aufweist. Erst die Kombination mit den in Berlin vereinbarten Personalschlüsseln lässt eine Erklärung zu.

Helfen Sie mit, das Bild weiter zu verfeinern

Wie geschrieben, wir sind mit der Auswertung schon sehr weit, möchten diese aber noch weiter verfeinern.

In 5 von 16 Bundesländern sind bislang noch weniger als 25 % der EEE erfasst. Bitte helfen Sie mit, die Lücken zu füllen. Wir brauchen noch Hilfe bei folgenden Bundesländern:

  • Bayern (BY)
  • Baden-Württemberg (BW)
  • Niedersachsen (NI
  • Rheinland-Pfalz (RP)
  • Sachsen-Anhalt (ST)

Um bei der Erfassung mitzuhelfen, gehen Sie bitte zu www.pflegelotse.de und suchen nach vollstationären Pflegeeinrichtungen in Ihrer Region in einem der oben genannten Bundesländer. Zur Auswertung benötige ich folgende Angaben:

  • Postleitzahl des Ortes, in dessen Umkreis Sie gesucht haben
  • Anzahl der Kilometer, mit denen Sie den Umkreis festgelegt haben
  • Anzahl der vollstationären Einrichtungen, die gefunden wurden
  • Anzahl der Einrichtungen ohne Vergütungsvereinbarung
  • Höhe der EEE von … €  bis … €
  • Durchschnittliche Höhe des EEE bei den von Ihnen gesuchten Pflegeeinrichtungen

Senden Sie diese Angaben per E-Mail an: beraterbrief-pflege@walhalla.de

Carmen P. Baake aktualisiert die Auswertung bis Ende Juni 2017 einmal pro Woche aufgrund der zugesandten Informationen. Wir hoffen, dadurch ein aussagekräftiges Bild zur Höhe des EEE in den Bundesländern zu erhalten.