Die Pflegesatzverhandlungen für Pflegeeinrichtungen, die vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI) anbieten, sind angelaufen. Wir berichteten.
Absehbar ist, dass nicht mit jeder der bundesweit 13.000 vollstationären Pflegeeinrichtungen eine Einzelverhandlung für die Zeit ab dem 01.01.2017 geführt werden kann. Aus diesem Grund gibt es bereits die ersten Vereinbarungen auf Ebene der Bundesländer, die das Verfahren vereinfachen sollen.
Viele dieser Vereinbarungen basieren auf der mit dem PSG II in §§ 92d und 92e SGB XI verankerten alternativen Überleitung der Pflegesätze und Berechnung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils (EA). Diese gilt grundsätzlich für alle vollstationären Pflegeeinrichtungen, die am 30.09.2016 keine Pflegesatzvereinbarung ab dem 01.01.2017 geschlossen haben.
Was ist der EA?
Damit der Eigenanteil für die Pflege, Betreuung und Behandlungspflege in vollstationären
Pflegeeinrichtungen ab dem 01.01.2017 nicht mehr steigt, wenn sich der Pflegegrad
erhöht, wird für jedes Pflegeheim ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil (EA)
ermittelt. Das bedeutet, alle pflegebedürftigen Bewohner in den Pflegegraden 2 bis 5
bezahlen den gleichen Eigenanteil.
In einer Schritt-für-Schritt Anleitung erklärt Carmen P. Baake die Berechnung bzw. Umrechnung der Pflegesätze. Eine Excel-Arbeitshilfe steht zudem zum Download bereit.
Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil ist die Basis für die Berechnung der Pflegesätze
Die in § 92e Abs. 2 SGB XI enthaltene Formel zur Berechnung des EA lautet:
„EA = (Ʃ PS – PBPG2 x LBPG2 – PBPG3 x LBPG3 – PBPG4 x LBPG4 – PBPG5 x LBPG5) dividiert durch PB (PG2 – PG5)
Dabei sind:
- EA = der ab dem Tag der Umstellung geltende einheitliche Eigenanteil,
- Ʃ PS = Gesamtbetrag der Pflegesätze (PS) nach Absatz 1,
- PBPG2 = Zahl der Pflegebedürftigen in Pflegegrad 2 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30. September 2016,
- PBPG3 = Zahl der Pflegebedürftigen in Pflegegrad 3 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30. September 2016,
- PBPG4 = Zahl der Pflegebedürftigen in Pflegegrad 4 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30. September 2016,
- PBPG5 = Zahl der Pflegebedürftigen in Pflegegrad 5 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30. September 2016,
- PB (PG2 – PG5) = Zahl der Pflegebedürftigen in Pflegegrad 2 bis 5 entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 140 in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung am 30. September 2016,
- LBPG2 = vollstationärer Leistungsbetrag in Pflegegrad 2,
- LBPG3 = vollstationärer Leistungsbetrag in Pflegegrad 3,
- LBPG4 = vollstationärer Leistungsbetrag in Pflegegrad 4 sowie
- LBPG5 = vollstationärer Leistungsbetrag in Pflegegrad 5.“
Dabei sind die Berechnung des EA und die Ermittlung der Pflegesätze nach Pflegegrad „ka Hexewersch“ wie wir in Hessen sagen würden. Mit der folgenden Schritt-für-Schritt-Anleitung können Sie den EA und die Pflegesätze für Ihre vollstationäre Pflegeeinrichtung ganz einfach ermitteln.
Wichtig: Der EA und die Pflegesätze wird/werden nur für Leistungen der Pflegeversicherung berechnet. Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten sowie ggf. Privatzahlerleistungen bleiben unberücksichtigt. Diese müssen wie bisher auch im kommenden Jahr vom Bewohner selbst bezahlt werden. |
Schritt 1: Zählen Sie die Bewohner mit Pflegestufe sowie die ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die am 30.09.2016 in Ihrer Pflegeeinrichtung sind
Erfassen Sie dafür die Bewohner jeweils getrennt nach
- ohne Pflegestufe, aber mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz.
- Pflegestufen I bis III ohne erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz
- Pflegestufen I bis III mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz
- Härtefall
Schritt 2: Berechnen Sie die Summe der Pflegesätze (Σ PS)
Multiplizieren Sie die Anzahl der zuvor erfassten Bewohner mit den für sie am 30.09.2016 geltenden Pflegesätzen.
Addieren Sie die Ergebnisse. Sie haben nun die Summe der Pflegesätze, die Ihrer Einrichtung am 30.09.2016 zustehen. Multiplizieren Sie diese Summe mit 30,42 Tagen. So erhalten Sie hochgerechnet auf einen Monat die Ihrer Pflegeeinrichtung zustehenden Einnahmen.
Schritt 3: Ermitteln Sie die Anzahl der Bewohner nach Pflegegraden (PBPG 2 bis PBPG5; PB)
Ordnen Sie die in Schritt 1 gezählten Bewohner jeweils den Pflegegraden zu, in die sie nach § 140 SGB XI am 01.01.2017 übergeleitet werden. Die Überleitungstabelle finden Sie hier.
Addieren Sie die erfassten Bewohner zusätzlich, um die Gesamtzahl der berücksichtigten Pflegebedürftigen zu erhalten.
Schritt 4: Ordnen Sie den Pflegegraden 2 bis 5 die neuen Leistungsbeträge ab 01.01.2017 zu (LBPG2 bis LBPG5)
Hierfür genügt der Blick in § 43 SGB XI in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung. Danach zahlt die Pflegekasse für vollstationäre Pflege pro Monat maximal folgende Beträge:
LBPG2 770 €
LBPG3 1.262 €
LBPG4 1.775 €
LBPG5 2.005 €
Schritt 5: Berechnen Sie den EA ab 01.01.2017
Setzen Sie dazu die Ergebnisse aus den Schritten 2 und 4 wie folgt in die Formel ein:
EA = (Ʃ PS* – PBPG2** x 770 € – PBPG3** x 1.262 € – PBPG4** x 1.775 € – PBPG5** x 2.005 €) dividiert durch PB **(PG2 – PG5)
*Ergebnis Schritt 2
**Ergebnis Schritt 3
Wichtig: Haben Sie mit den Pflegekassen eine prozentuale Erhöhung für das Jahr 2017 vereinbart, erhöhen Sie vorher die in Schritt 2 ermittelte Summe der Pflegesätze (Ʃ PS) entsprechend. |
Schritt 6: Berechnen Sie die Pflegesätze für Bewohner mit Pflegegrad 2 bis 5 (PSPG2 bis PSPG 5)
Jetzt haben Sie es fast geschafft. Auf der Basis des in Schritt 5 berechneten EA werden nun die Pflegesätze für Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5 wie folgt berechnet:
PSPG2 = (EA + 770 €)/30,42 Tage
PSPG3 = (EA + 1.262 €)/30,42 Tage
PSPG4 = (EA + 1.775 €)/30,42 Tage
PSPG5 = (EA + 2.005 €)/30,42 Tage
Wichtig: Durch die Division durch 30,42 Tage erhalten Sie einen Pflegesatz pro Tag. Die 30,42 Tage sind eine für Berechnungen der Sozialversicherungsträger oft verwendete Größe. Sie ergeben sich, wenn 365 Kalendertage durch 12 Monate geteilt werden. |
Schritt 7: Berechnen Sie den Pflegesatz für Bewohner mit Pflegegrad 1 (PSPG1)
Pflegebedürftige, die ab dem 01.01.2017 den Pflegegrad 1 erhalten, können auch in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung einziehen. Die Pflegekasse beteiligt sich bei diesen Bewohner mit einem Betrag in Höhe von 125 € an den Kosten. Zudem haben auch diese Pflegebedürftigen Anspruch auf Betreuungsangebote nach § 43b SGB XI (früher 87b). Für diese Pflegebedürftigen liegt der Pflegesatz bei 78 % des Pflegesatzes für Bewohner mit Pflegegrad 2. Das ist in § 92e Abs. 4 SGB XI festgelegt.
Sie ermitteln den Pflegesatz für Bewohner mit Pflegegrad 1 so:
PSPG1 = PSPG2 x 0,78
Arbeitshilfe
Wer diese Berechnungen nicht „zu Fuß machen möchte“ ;-), für den steht eine
Excel-Datei zur Umrechnung der Pflegesätze zum Download bereit.
Carmen P. Baake ist Diplomökonomin und berät seit 2011 Pflegedienste und Sozialstationen zu betriebswirtschaftlichen und strategischen Themen. Zuvor war sie viele Jahre bei gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen beschäftigt. Daneben arbeitet sie als freiberufliche Dozentin und Fachautorin. Über den WALHALLA Fachverlag bietet sie derzeit Seminare zum Thema „Pflegestärkungsgesetz II“ und „Neues Begutachtungsassessment“ an.