Kommunale Bezuschussung von Pflegeinrichtungen rechtens?

Darf eine Kommune ihre Senioren- und Pflegeeinrichtungen bezuschussen? Diese Frage möchte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) geklärt wissen. Er hat Klage gegen die Stadt Regensburg wegen der kommunalen Zuschüsse für die „Regensburg Seniorenstift gGmbH“ eingereicht.

Die Regensburg Seniorenstift gGmbH ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Regensburg zum Betrieb von Senioren- und Pflegeeinrichtungen. Sie betreibt dabei auch eine Senioreneinrichtung mit 100 Pflegeeinrichtungen. Der Neubau dieses „Bürgerheims Kumpfmühl führte zu einen größeren Defizit, der von der Stadt Regensburg mit Zuschüssen ausgeglichen wird. Insgesamt betrugen die Finanzhilfen im Jahr 2013 und 2014 fast fünf Millionen Euro.

Unlauterer Wettbewerb?

Der bpa sieht angesichts dieser finanziellen Unterstützung durch die Kommune die privaten Anbieter benachteiligt und klagt deshalb auf Unterlassung der Zuschusspraxis. Im Erfolgsfall könnte das das Aus für das städtische Bürgerheim Kumpfmühl bedeuten.

Das Landgericht Regensburg muss nun EU-Recht auslegen und die Frage beantworten inwieweit „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ dem freien Wettbewerb unterworfen sind. Diese Dienste wurden 2009 mit den Veträgen von Lissabon eingeführt. Zu den Leistungen dieser Daseinsvorsorge zählen technische Infrastruktureinrichtungen, Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation, öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Post, Abfall- und Abwasserentsorgung, soziale Dienstleistungen, Schulen, Krankenhäuser, Kinderbetreuung, Altenpflege und Kulturangebote. Bei diesen Daseinsvorsorgeleistungen ist schon länger strittig, wann und unter welchen Voraussetzungen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung vor den Wirtschaftsinteressen Privater zurücktreten muss.

Vergleichbarer Fall

Bisher gibt es in Deutschland nur einen vergleichbaren Fall, der vor Gericht „ausgestritten“ wurde. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken hatte gegen den Landkreis Calw Klage erhoben. Sie richtete sich gegen einen Beschluss des Kreistags, das Defizit der Kreiskliniken Calw GmbH mit zwei Kliniken in Calw und Nagold auszugleichen. Der Bundesgerichtshof hatte dazu mit Urteil vom 24. März 2016 entschieden (Az.: I ZR 263/14):

  • Zuschüsse für kommunale Krankenhäuser sind nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig, wenn belegt ist, dass ihr Betrieb zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung notwendig ist.
  • Voraussetzung ist aber, dass eine Einrichtung vorab mit entsprechenden Dienstleistungen beauftragt und dabei klar und transparent festgelegt wurde, wie sich mögliche Ausgleichszahlungen berechnen.

Die Positionen der Parteien

Regensburg Oberbürgermeister Joachim Wolbergs bezeichnet den Vorstoß des bpa in der Presseerklärung am 25. März 2016 als „Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung“.

„Wir wollen vor Ort einen fairen Wettbewerb mit den gemeinnützigen und privaten Trägern“, so bpa-Geschäftsführer Herbert Meuel.

„Wenn man dieser Logik folgt, dann dürfen wir die Heime betreiben, so lange es sich nicht rentiert und dann sollen wir sie am Besten abreißen“, so der städtische Rechtsreferent Dr. Wolfgang Schörnig.

„Uns geht es um den Umgang mit öffentlichen Mitteln, die in Millionenhöhe in einzelne Pflegeheime fließen“, hält bpa-Geschäftsführer Meuel dagegen. Das Bürgerheim müsse bei den „auskömmlichen Pflegesätzen und der guten Auslastung schon über den Pflegesatz finanziert sein. Wenn dann trotzdem Verluste in Millionenhöhe aus Steuermitteln finanziert werden, wirft das Fragen auf.“

Diese Zitate stellen den Streitstand gut dar.  Sowohl die Stadt Regensburg als auch der bpa sprechen daher von einer „Musterklage“, die sich bis zum Europäischen Gerichtshof  ziehen kann. Mit offenem Ende.