Nach Berichten der „Welt am Sonntag“ und des Rechercheteams des Bayerischen Rundfunks haben Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) einen Abrechnungsbetrug in der Pflege aufgedeckt, der angeblich in die Millionen geht. Das BKA habe inzwischen Hinweise auf Strukturen organisierter Kriminalität.Die WELT zitiert in seinem Online-Artikel vom 16. April aus dem Abschluss-Bericht des BKA:
„Beim Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen durch russische Pflegedienste handelt es sich um ein bundesweites Phänomen, das insbesondere dort auftritt, wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bilden“.
Darüber hinaus, so die Behörde weiter,
„sind in Einzelfällen Informationen bekannt, laut denen die Investition in russische, ambulante Pflegedienste ein Geschäftsfeld russisch-eurasischer Organisierter Kriminalität ist“.
Der Bayerische Rundfunk (BR) widmete am 17. April in seinem Funkstreifzug auf BR5aktuell dem Thema einen längeren Hörbeitrag, der auch als Podcast abgerufen werden kann („Abrechnungsbetrug: Wie kriminelle Pflegedienste die Kassen abzocken„).
Im Beitrag erläutert ein Vertreter der AOK Bayern wie der Pflegebetrug durchgeführt wird. Teilweise würden Pflegeleistungen abgerechnet, die anstelle von Fachkräften von Hilfskräften erbracht werden. Teilweise liege beim Leistungsempfänger kein Pflegehintergrund vor, obwohl Pflegeleistungen abgerufen werden.
Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft Augsburg berichtet im Hörbeitrag, dass bereits in über 600 Einzelfällen Anklage wegen Beihilfe zum Sozialversicherungsbetrug erhoben wurde; der Schaden liege bei über 200.000 Euro.
Laut Berichterstattung des BR entsteht durch diese Abzocke ein geschätzter Schaden von mindestens 1 Milliarde Euro bundesweit.
Zu Wort kommt auch ein Vertreter des MDK Bayern, der den Ablauf des Begutachtungsbesuchs und die zur Prüfung herangezogenen Quellen erklärt.
Ebenfalls im Bericht: ein Vertreter des GKV-Spitzenverbandes, der die Forderung aufstellt, dass es auch in der häuslichen Krankenpflege unangemeldete Prüfbesuche geben müsse. Nur mit Schließung dieser Gesetzeslücke würden solche Abzockmethoden verhindert oder zumindest gemindert werden.
Neu ist das Thema ja nicht. Immer wieder poppt das Thema in der Presse hoch, zuletzt in größerem Rahmen nach Veröffentlichung der Studie von Transparency International (TI) im Jahr 2013 zu Transparenzmängeln und Kontrolldefiziten im Bereich Pflege und Betreuung.
Aber auch in jüngerer Zeit gab es immer wieder Berichte und Gerichtsentscheidungen zum Thema, siehe auch den Artikel zu den Ermittlungen der AOK Nordwest.