Notvertretungsrecht für Ehegatten: Kommt es noch in dieser Legislatur?

UPDATE: Am 7. Juli 2017 hat der Bundesrat das „Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ überraschend von der Tagesordnung abgesetzt. Ob das Gesetz noch in der letzten Bundesratssitzung vor der Bundestagswahl am 22. September behandelt wird, ist derzeit nicht bekannt. Sollte das Gesetz nicht behandelt werden, muss es in der nächsten Legislaturperiode neu eingebracht werden; der derzeitige Gesetzentwurf ist dann „kaputt“.abgesetzt

Darum geht’s:

Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können nach geltendem
Recht – auch in Notsituationen – keine Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen, solange sie nicht als rechtliche Betreuer ihres Partners bestellt werden oder von ihm im Rahmen einer Vorsorgevollmacht hierzu wirksam bevollmächtigt worden sind.

Diese – für viele Verheiratete nicht nachvollziehbare rechtliche Situation – will der Gesetzgeber ändern.

Überbrückung bei Notsituationen

Das soll mit dem Gesetzentwurf neu geregelt werden: Falls ein Ehepartner durch Unfall oder plötzliche schwere Erkrankung (z. B. Schlaganfall) entscheidungsunfähig ist und keine Vertretungsvollmacht vorhanden ist, soll der andere Ehepartner automatisch ein zeitlich auf Notsituationen begrenztes Vertretungsrecht in medizinischen Angelegenheiten erhalten.

Damit soll die zeitliche Lücke zwischen der Akutversorgung durch den Arzt im Falle eines Unfalls oder einer lebensbedrohlichen Erkrankung und einer bei einer schweren, längerfristigen Erkrankung und fehlender anderweitiger Vorsorge ohnehin notwendigen Vorsorgevollmacht oder Betreuerbestellung überbrückt werden.

Nur für die Gesundheitssorge ..

Diese Beistandsmöglichkeit gilt nur für schnell notwendige Entscheidungen im medizinischen Bereich:

  • Einwilligung oder Nichteinwilligung in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe
  • Entegennahme ärztliche Aufklärungen

.. nicht für weitere Angelegenheiten

Im ursprünglichen Gesetzentwurf (Drs. 18/10485) waren noch weitere Lebenssituationen genannt, für die ein Vertretungsrecht gelten sollte:

  • für den anderen Ehegatten Willenserklärungen in Bezug auf ärztliche Behandlungsverträge, Krankenhausverträge sowie sonstige Verträge abzugeben und entgegennehmen, die der medizinischen Versorgung, Pflege, Betreuung oder Rehabilitation dienen, und dessen Rechte gegenüber den Erbringern solcher Leistungen wahrnehmen,
  • über freiheitsentziehende Maßnahmen zu entscheiden und dazu eine betreuungsgerichtliche Genehmigung einholen,
  • für den anderen Ehegatten Ansprüche, die diesem aus Anlass von Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder damit einhergehender Hilfebedürftigkeit zustehen, geltend machen und ggfs. an Erbringer von medizinischen Leistungen, Pflege- oder Rehabilitationsleistungen diese Leistungen abtreten oder Zahlung an diese verlangen,
  • Post des Ehegatten entgegennehmen und öffnen.

Nur noch „Notvertretung“:
Diese weitreichenden Vertretungsrechte wurden vom Rechtssauschuss des Bundestages abgelehnt und finden sich nun nicht mehr in der neuformulierten Regelung (siehe auch Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, Drs. 18/12427). Es ist davon auszugehen, dass der Bundestag dieser „verschlankten“ Fassung zustimmt.

Ausschluss der Vertretung

Zur Vertretung ist der Ehegatte nicht berechtigt, wenn

  • die Ehegatten getrennt leben,
  • der andere Ehegatte einen entgegenstehenden Willen geäußert hat,
  • der andere Ehegatte eine andere Person zur Wahrnehmung dieser Angelegenheiten bevollmächtigt hat oder
  • für den anderen Ehegatten bereits ein Betreuer bestellt ist.

Geltung ab 1. Juli 2018 – falls der Bundesrat am 22.9. noch zustimmt

Inkrafttreten soll diese Änderung des § 1358 BGB am 1. Juli 2018 – falls der Bundesrat zustimmt.